Die Barke in einer Sportbootschleuse

Neun alte Herren auf Moselfahrt vom 30.5.-4.6.2010

Die Barke in einer Sportbootschleuse

Die Barke in einer Sportbootschleuse

Die Idee zu einer Barkenfahrt auf der Mosel hatte unser Ehrenvorsitzender Gerd Michael Brach in Erinnerung an eine RK – Kurhessen – Wanderfahrt vor 30 Jahren. Als verantwortlicher Thümmler, der für die Bahnfahrt und Kasse zuständig war. Beide hatten zuvor auf einer zweitägigen Inspektionsfahrt die Unterkünfte und die Anlegemöglichkeiten für die Barke getestet. Durch Gerd Michaels Verbindungen zu seiner Heimatstadt Trier konnte eine Barke gechartert und deren Rückführung sowie eine Stadtführung organisiert werden. Frau Liesel Heckmann sowie Frau Eva Bernhardt und Werner Bergmann vom Trierer RV sei an dieser Stelle nochmals herzlich für ihr Engagement gedankt. Die Wanderfahrt stand zunächst unter keinem guten Stern, denn drei ursprünglich angemeldete Teilnehmer sprangen ab; der letzte sogar erst 3 Tage vor Fahrtbeginn! Die Tatsache, dass wir kein Begleitfahrzeug dabei hatten, bedeutete, dass wir unser Gepäck immer mit uns führen mussten. Neben einer leicht zu verstauenden Sporttasche war nur ein kleines Handgepäck erlaubt. Dank der Fahrbereitschaft unserer Winzerfreunde und Hoteliers brauchte das Gepäck zwischen den Anlegestellen und Unterkünften nicht von uns geschleppt zu werden.

Insgesamt gesehen war die Packerei für alle eine logistische Herausforderung und war für einige sogar zu einem Problem geworden. Mal blieb ein Pulli oder eine Tasche liegen, mal eine Vereinsflagge; mal fehlte ein Sitzkissen, mal eine Rudermütze. Und eine Flasche Wein zerbrach im Gepäck eines Ruderkameraden, bevor die Reise begonnen hatte.
Im Verlauf der Wanderfahrt zeigte sich die Altherrentruppe stabiler und flexibler als es das Durchschnittsalter von fast 75 Jahren vermuten ließ. Das sogenannte kollektive Gedächtnis wurde eine unserer Stützen. Die hochkarätige Bootsbesatzung von Ehren-, Vorstands- und erfahrenen Wanderfahrtmitgliedern führte allerdings bei unvorhergesehenen Manövern oft zu kontroversen Diskussionen, die erst durch ein Machtwort des Fahrtenleiters gestoppt werden konnten.
Die kulturellen Highlights gab es gleich an den ersten beiden Tagen: eine zweistündige Stadtführung durch die über 2000 Jahre alte römische Kaiserresidenz und Provinzhauptstadt Trier mit der Porta Nigra, dem Dom (die frühere Konstantinsbasilika), den kaiserlichen Thermen und dem kurfürstliche Palast, um die wesentlichen Schwerpunkte zu nennen. Nach einer
18 – km – Etappe nach Riol folgte noch am selben Abend eine erlesene Weinprobe mit „Schmeckewöhlerchen“ beim Winzer Franz Peter Schmitz im Römerhof. Und die nächste Weinprobe gab es einen Tag später in Brauneberg, wo wir anschließend eine römische Keltereinrichtung in der Weinlage „Juffer“ der Familie Schiffmann besichtigen konnten.
Traben – Trarbach und Senheim waren nach 30 bzw. 38 Km die Etappenziele der nächsten beiden Tage; diesmal stand das Rudern mehr im Vordergrund inmitten einer einmalig
schönen Flusslandschaft mit steil aufsteigenden Weinbergen und malerischen Dörfern. Und das Wetter wurde immer besser.
Der Tagesrhythmus hatte sich inzwischen eingependelt: 8 Uhr Frühstück, 9 Uhr Abfahrt, gegen Mittag Rast am Bootssteg eines Rudervereins, wo es zu den selbstzubereiteten Lunchpaketen Wasser bzw. Wein gab. Lagen wir gut in der Zeit, wurde kurz vor Ende der Etappe noch eine Kaffeepause eingelegt, damit die Kuchen- und Eisfreunde auf ihre Kosten kamen. Alle 5 Km wurde der Steuermann ausgewechselt; jedem war freigestellt, auf der Backbord- oder Steuerbordseite zu rudern. Bei den vielen Flussschleifen waren Rücken- und Gegenwind ausgeglichen. Das tägliche Schleusen brachte Abwechslung.
Versuche, den Schalleffekt der bis zu 10 Meter hohen Kammerwände gesanglich auszunutzen, scheiterte an den fehlenden Textkenntnissen. Besser klappte das am letzten Abend, als wir der Tochter des Straußenwirts, der deutschen Weinkönigin von 2009, ein Ständchen zum 21. Geburtstag brachten. Zuvor hatten wir jedoch noch die größte Herausforderung der Wanderfahrt zu bestehen. Als wir nach insgesamt 162 zurückgelegten Flußkilometern hinter Moselkern einen Schutzhafen anliefen, um die Barke herauszunehmen und zu verladen, versagte uns der Campingplatzwart die Erlaubnis. Wir mussten also wieder 2 km zurück stromaufwärts nach Moselkern rudern, wo wir mit dem Einsatz unserer letzten Kräfte und hilfsbereiter Dorfbewohner die Barke auf den Hänger hievten und das Gefährt über eine schräge Ebene auf den Straßendamm schoben. Dass es bei dieser wilden Aktion zu einer Beule am Zugfahrzeug kam, ist zwar bedauerlich, konnte aber die gute Stimmung nicht mehr stören.
Als Abschluss unserer ereignisreichen Ruderwanderfahrt gab es noch am Vormittag des letzten Tages eine Wanderung zur Burg Elz, die der Verfasser dieses Berichtes nur zur Hälfte mitmachte, um sein neues Knie nicht überzustrapazieren. In der Ringelheimer Mühle wartete er auf die Rückkehr seiner Ruderkameraden Gerd Michael Brach, Reinhard Kernbach, Rudolf Knauff, Rudi Meister, Frank Oberbrunner, Karl Heinz Saur, Bernhardt Selting, und Wolfgang Thümmler, um nach einem letzten gemeinsamen Mittagessen die Heimfahrt mit der Deutschen Bahn über Koblenz, Frankfurt nach Kassel anzutreten. Wir werden die Barkenfahrt auf der Mosel 2010 in guter Erinnerung behalten und können sie zur Nachahmung nur weiter empfehlen.
Jochen Meier