Archiv der Kategorie: Wanderrudern

Wanderrudern: World Rowing Tour 2012 Ontario, Kanada

Rudi Meister erzählt von seiner Wanderfahrt in Kanada

Rudi Meister erzählt von seiner Wanderfahrt in Kanada

Die FISA – der internationale Ruderverband – schreibt jedes Jahr eine Ruderwanderfahrt in einem anderen Land aus. Im Jahr 2012 fiel die Auswahl auf Kanada, vom 25.8. bis 2.9.2012. Weil ich schon an einigen dieser Wandererfahrten teilgenommen hatte und es immer ein sehr schönes Erlebnis war, haben sich mein Sohn Martin und ich um eine Teilnahme beworben und hatten das Glück, eine Zusage zu erhalten. Martin buchte im Internet die Flüge nach Toronto als auch nach Sudbury, verschiedene Hotels, sowie einen Mietwagen ab Toronto für unsere 2000-km- Rundreise nach Beendigung der Wanderfahrt. Am 24. August flogen wir nach Toronto, und nach einer Stadtbesichtigung ging es weiter mit dem Flugzeug ca. 350 km zum Regionalflughafen bei Sudbury und mit der Taxe zum Hotel. Dort erhielten wir die Informationen über den Verlauf der Wanderfahrt: jeder der Teilnehmer bekam z. B. eine Liste, welche die Bootsnummern enthielt und an welchem Tag man mit welcher Besatzung eingeteilt war. Lediglich die Bootsführer waren immer im gleichen Boot, die Mannschaften wechselten aber jeden Tag, so dass die 60 Teilnehmer aus 15 Nationen schön durcheinander gewürfelt waren. Nach dem gemeinsamen Abendessen wurden wir am nächsten Morgen mit zwei großen Schulbussen 25 km weiter nach West Arm Lodge gebracht, wo wir für drei Tage unser Quartier bezogen. Schon bei der ersten Ausfahrt auf dem West Arm Lake durften wir das glasklare Wasser bewundern, genossen jeden Tag das herrliche Wetter bei 24-28° Lufttemperatur sowie eine atemberaubende Uferlandschaft mit Urwald und Felsen, welche durch eiszeitlichen Gletscherschliff geformt waren.

An allen Tagen auf den Northern Ontario Waters legten wir gegen Mittag am Seeufer an, wo uns eine reichhaltige und schmackhafte Mahlzeit erwartete. Nachmittags wurden die Tagestouren selbstverständlich mit einem erfrischenden Bad in dem herrlichen Seewasser beschlossen. Am vierten Tag unternahmen wir eine Besichtigungstour mit Bus zu einem Wasserfall am French River, und besichtigten eine Mühle, auf einer Erdspalte gebaut. Die nächsten vier Tage ruderten wir auf verschiedenen Seen und erreichten auf den stehenden Gewässern eine Gesamtleistung von 180 km bei Tagesetappen von ca. 30-45 km. Jeder ruderte nach seinen Fähigkeiten, keiner meckerte über die individuell verschiedenen Leistungen, aber jeder packte mit an, wenn es nötig war. Diese harmonische Gemeinschaft von 60 Ruderinnen und Ruderern lernte bei sommerlich schönem Wetter ein herrliches Stück Kanada kennen. Die Organisation durch die 10 Betreuer örtlicher Rudervereine – vom Transport über die Verpflegung bis zur Unterkunft – klappte hervorragend. Auch bekam jeder noch am Abschlusstag eine Erinnerungsbroschüre mit Fahrtbildern sowie eine CD, welche einen Film der Wanderfahrt enthielt. Am Abschlussabend in festlichem Rahmen bedankten sich die Teilnehmer der einzelnen Länder bei der Fahrtenleitung mit teilweise launigen Beiträgen.

2012 FISA WORLD Rowers, Rudi Meister ganz links

2012 FISA WORLD Rowers, Rudi Meister ganz links

Am nächsten Tag flogen mein Sohn und ich nach Toronto zurück und begannen dort mit einem Jeep als Mietwagen unsere private Rundreise. Erstes Ziel waren die Niagara-Wasserfälle, zwischen dem Erie-See und dem Ontario-See gelegen: bei herrlichem Sonnenschein sahen wir in der 55 m abstürzenden Gischt einen wunderbaren Regenbogen und staunten über die Ausdehnung des kanadischen Teils der Fälle, wesentlich größer als der amerikanische. Die Reise führte uns durch den kleinen aber idyllischen Ort „Niagara on the Lake“ weiter nordwestlich nach Tobermory, zwischen Huron-See und Georgian Bay gelegen. Große Hilfe leistete das Navigationsgerät für das Auffinden von Hotelunterkunft, Restaurant, Tankstelle und Lebensmittelmarkt. Die Straßen waren durchweg in gutem Zustand, bei 80 km/h erlaubter Höchstgeschwindigkeit.

Zurück ging es nordöstlich zum Algonquin-Nationalpark, einem weiteren Höhepunkt der Reise. Nach der Besichtigung einer eindrucksvollen Ausstellung, wo gezeigt wurde, wie man früher das Holz auf dem Wasserweg geflöst hat, unternahmen wir eine Wanderung von ca.15 km durch Urwald – so etwas habe ich noch nicht erlebt -Wurzeln, Steine, teilweise weglos, Orientierung durch farbige Punkte an den Bäumen, sehr abenteuerlich, und benötigten hierfür 5 Stunden. Im selben Park mieteten wir uns am nächsten Tag ein Kanu, mit welchem wir bei starkem Gegenwind den Opeango-See befuhren: rudern ist doch angenehmer. Nach der Besichtigung einiger Wasserfälle fuhren wir am nächsten Tag Richtung Osten nach Ottawa. Eine Besonderheit ist hier eine so genannte Schleusentreppe, zwölf (!) hintereinander liegende Schleusen überwinden den Höhenunterschied zwischen Fluss und See. Erstmals erlebten wir starken Regen und nutzten die Gelegenheit zur Besichtigung des hochmodernen Kunstmuseums, um anschließend nach Montréal weiterzufahren. Von unserem Hotel in der Nähe des Olympia-Geländes ausgehend erkundeten wir in den nächsten zwei Tagen die sehenswerte Stadt, eine Stadtrundfahrt ist hier empfehlenswert, um in 3 Stunden alles Wesentliche zu sehen, einschließlich Kurzbesichtigungen. Eine Attraktion ist der schiefe Turm auf dem Olympiagelände, der ist 75 m hoch und hat eine Neigung von 45 Grad. Der Fahrstuhl liftete uns zu einer Aussichtsplattform, von dort hatten wir einen sehr schönen guten Rundumblick auf die imposante Stadt. Montréal hat aber noch eine sehenswerte Besonderheit: der gesamte Stadtkern ist praktisch unterkellert – mit allen Geschäften und Lokalen, die man sich nur denken kann. Im Winter bei minus 25 – 30 °C Kälte kommen viele Einwohner gar nicht ans Tageslicht. Nach diesen beiden Tagen Abflug Richtung Frankfurt und ab nach Kassel. Alles in allem eine wunderschöne Reise, die ich mit meinem Sohn machen konnte.

Rudi Meister

Rudi’s Ruderreisen: Rhein, Rastatt – Kaub

Nach einem ausgiebigen Frühstück in Offenbach – Sabine und Rüdiger Mohrstedt sei für die Einladung auch an dieser Stelle herzlich gedankt – erreichten wir gegen Mittag den Kanu-Club Illingen in der Nähe von Rastatt. Bei brütender Hitze haben Fahrtenleiter Peter Lipphardt, Rudi Meister (bis Mittwoch), Karl-Heinz Saur, Hanns-Dieter Gerdum, Rüdiger Mohrstedt, Wolfgang Reukauf und Gerd Leben den Vierer „Kurhessen“ ins Wasser gesetzt, um in der heißesten Woche dieses Sommers vom 19. bis 24.08.2012 die 200 km des Rheins bis Kaub zu rudern. Die Strömung des Rheins, eine leichte Brise Fahrtwind, ausreichend Wasserflaschen an Bord und große Mengen Radler abends haben es uns erleichtert, die Tagesetappen von Illingen bis Leimersheim, Speyer, Worms, Guntersblum, Geisenheim und Kaub zurückzulegen. Außerdem hatte Peter zusätzlich zwei Halbtagesetappen vorgesehen, um uns genügend Zeit für die Besichtigung von Speyer und Worms zu geben.

Zunächst befuhren wir von Illingen bis Bingen den Oberrhein; danach mit seinem Eintritt in die Mittelsgebirgsschwelle ab Mainz den Mittelrhein. In der oberrheinischen Tiefebene sieht man deutlich die Umgestaltung der Landschaft durch die im 19. Jahrhundert vorgenommene Rheinbegradigung. Der ursprünglich relativ träge in Haupt- und vielen Nebenarmen mäandernde Fluss wurde zu einem schneller fließenden Strom umgestaltet, der von Deichen flankiert wird. Überbleibsel des ursprünglichen Flusses sind die Auenlandschaften mit Naturschutzgebieten und Altrheinarme, in denen häufig Sportboote ankern.

Bei dem schönen Wetter waren viele Menschen an den Sandstränden, sonnten sich und badeten, und bei der verhältnismäßig geringen Zahl von Frachtschiffen machte der Rhein in diesem Abschnitt bis Speyer einen fast idyllischen Eindruck.

Nachdem wir unser Boot im kleinen Hafen von Leimersheim festgemacht hatten, konnten wir unser kleines gemütliches Hotel – in der Altstadt von Speyer unter großen Lindenbäumen versteckt – trotz Navigationsgerät nur mit Mühe finden.

Die Halbtagesetappe am nächsten Tag endete im alten Hafen an der Pritsche der RG Speyer 1883. Die Stadtbesichtigung von Speyer unter der kunsthistorischen Begleitung von Karl-Heinz führte uns zunächst zum Dom. Er wurde 1981 als zentrales deutsches Kulturdenkmal in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen und gilt als das größte romanische Bauwerk der Welt. Bemerkenswert ist insbesondere die Krypta, die bis heute unverändert geblieben ist und die Grablege von acht deutschen Kaisern und Königen ist. Vom Dom gingen wir auf der Maximilianstraße zum „Altpörtel“, mit 55 m eines der höchsten Stadttore Deutschlands. Das westliche Haupttor bildete mit der Stadtmauer und weiteren Türmen die mittelalterliche Stadtbefestigung. Außerdem berichtete der Chronist über die Geschichte und besondere Bedeutung der Universität Speyer für die Verwaltungsrechtswissenschaft in Deutschland.

Auf der Etappe von Speyer nach Worms ruderten wir an den Hafenanlagen von Ludwigshafen und Mannheim vorbei. Ab Mannheim, dem zweitgrößten deutschen Binnenhafen, herrschte starker Schiffsverkehr und die beiderseitigen Spundwände verursachten Kreuzwellen, die für Ruderboote gefährlich sind. Doch Rudi steuerte uns mit seiner Erfahrung sicher durch das aufgewühlte Wasser.

Unterhalb der Nibelungenbrücke legten wir beim Wormser Ruder-Club „Blau-Weiß“ an der Pritsche am Hagendenkmal an. Angesichts des Hagen, der im Begriff ist, den Nibelungenschatz im Rhein zu versenken, erzählte uns Rüdiger Näheres über Mythos und Historie der Nibelungensage.

Worms ist außer als Nibelungenstadt vor allem als Dom- und Lutherstadt bekannt.

Am nächsten Vormittag besichtigten wir unter der kundigen Führung von Karl-Heinz zunächst den Dom, das bedeutendste Bauwerk der Wormser Romanik. Um 1181 fertig gestellt, wurde in einer späteren Baumaßnahme um 1300 die romanische Nikolauskapelle durch eine gotische ersetzt, und gleichzeitig wurde das Südportal mit plastischem Figurenschmuck als Bilderbibel neu gestaltet. Nach der Stadtzerstörung 1689 entstand der barocke Hochaltar von Balthasar Neumann. Der Dom ist Grablege für die Vorfahren und Angehörigen des salischen Königshauses. Zusammen mit Speyer und Mainz bilden die drei romanischen Kaiserdome am nördlichen Oberrhein eine weltweit einmalige Kombination eines historischen Baustils.

Danach besuchten wir die Dreifaltigkeitskirche, die größte protestantische Kirche in Worms. 1709 wurde an diesem Standort der Grundstein für die lutherische Stadtkirche gelegt, da man davon ausging, hier habe Martin Luther 1521 auf dem Reichstag zu Worms vor Kaiser Karl V. seine Schriften verteidigt. Im zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde der barocke Saalbau wieder hergestellt, der Innenraum jedoch modern gestaltet. Bemerkenswert ist der Blick im Innenraum nach Westen mit dem Luthermosaik und der Orgel.

Nach der Stadtbesichtigung hat uns Rudi am Mittag mit dem Ziel Kanada verlassen, um dort an einer internationalen Wanderfahrt teilzunehmen. Wir dagegen fuhren bei ruhigem Wasser von Worms bis zur alten Fähre von Guntersblum, die gegenüber der Insel Kühkopf liegt. Für die letzten zwei Nächte bezogen wir in Bodenheim das Landhotel „Battenheimer Hof“, in dem wir uns außerordentlich wohl gefühlt haben.

Die nächste Etappe mit dem Ziel Geisenheim führte uns an so bekannten Orten wie Oppenheim, Nierstein, Mainz, Wiesbaden-Biebrich mit Schloss und Oestrich vorbei. Auf der Abschlussstrecke von Geisenheim nach Kaub änderte sich das Landschaftsbild; über steil emporragenden Felsabhängen standen Burgen, Ruinen, Schlösser und sonstige Sehenswürdigkeiten. Für uns Ruderer aber erforderte das Durchfahren des Binger Lochs erhöhte Aufmerksamkeit. Wir hielten Kurs direkt am rechten Ufer und konnten so unbeschadet in den Kauber Werth einfahren. Direkt gegenüber der berühmten Zollburg Pfalzgrafenstein, welche auf der kleinen Insel Falkenau errichtet wurde, haben wir unsere abwechslungsreiche schöne Wanderfahrt beendet.

Gerd Leben

Berlin, Berlin!

Im Juni 2012, 11.-15.6., war es mal wieder soweit: Acht Kurhessen machten sich auf nach Berlin zum Ruderklub am Wannsee, wo wir in Vier-, Drei- und Einbettzimmer für vier Übernachtungen ständiges Quartier nahmen. Der gastfreundliche Klub mit 600 Mitgliedern stellte uns einen geklinkerten Doppelvierer und einen Doppelzweier; beide wirklich gut! Zu unserer Überraschung wurden wir auf dem Bootshausgelände von unserem Ruderkamerad Rüdiger Mohrstedt aus Offenbach begrüßt, der mit seiner Frau Sabine in Berlin Urlaub machte und von unserer Wanderfahrt gehört hatte.

Gleich am Ankunftstag absolvierten wir die – Berlinern gut bekannte – so genannte „kleine Umfahrt“, nämlich vom südöstlichen Wannsee in den kleinen Wannsee, Stölpchensee, Griebnitzsee, Glienicker Brücke, Pfaueninsel zurück zum Bootshaus. Dienstag früh morgens über den Wannsee nach Norden bis Spandau, in die Spree und dann über den Landwehrkanal und wieder Spree nach Treptow; eine ca. 46 km lange Etappe auf stehendem Wasser mit ein paar Schleusen, fast ohne – für Ruderer geeignete – Anlegemöglichkeiten – war kein reines Zuckerschlecken. Eine Stunde per S-Bahn zurück. Am Mittwochmorgen eine Stunde S-Bahn nach Treptow (gegenüber Köpenick) und Rudern durch die Müggelspree sowie über den großen Müggelsee nach Osten und Passieren der äußerst malerischen Gartensiedlung Rahnsdorf/Hessenwinkel nach Süden über den Seddinsee und von diesem nach Nordwesten kehrend über die Grünauer Olympiastrecke von 1936 nach Westen in den Teltowkanal bis „Wiking“. Von dort waren es dann am 4. Tag noch gut 35 Km über Kleinmachnow (3-Kammern-Schleuse), Kohlhaasenbrück und Kleinen Wannsee zum Bootshaus zurück.

So viel zum Rudern; man könnte sagen, dass knapp 140 Km in 3 ½ Tagen genug seien für eine gelungene Wanderfahrt in meist stehendem Wasser. Weit gefehlt!

Impressionen Berliner Gewässer

Impressionen Berliner Gewässer

Was uns Fahrtenleiter Wolfgang Thümmler mit akribischer S- und U-Bahnfahrtenorganisation sonst noch bot, war vom Feinsten. Montagabend harmlose Fußball-EM, am Dienstag abends Vereinsklatsch und Erinnerungsgeschwätz, am Mittwoch Deutschland gegen Niederlande. Am Donnerstag nach Beendigung der Ruderei kam es dann knüppeldick: Liebermann-Haus und -Garten am westlichen Wannsee und sodann ins Theater „Wühlmäuse“ mit einem glänzend aufgelegten Franz Lüdecke. Nach leicht schwierigem Einstieg mit Neurobiologie konnte er das nicht vollbesetzte Theater mit feinsinnigen Überlegungen zu Bildung und Internet- natürlich auch mit Ironie auf politischem Feld – begeistern; keine proletenhafte Faktenverfälschung eines Priol, keine zerhackten Sätze à la Richling und Hildebrandt, es war ein Genuss. Das war der letzte Abend, und ich zog auf der S-Bahn-Heimfahrt ein erstes Fazit: Gelungen!!!

Negativ anmerken muss ich allerdings, dass einige Ruderkameraden sich vom Frühstückstisch derart zur Versorgung für den ganzen Tag bedient haben, dass Brötchen nachgeordert wurden, welche die ganze Gruppe dann zusätzlich zahlen musste. So etwas gehört sich nicht; ebenso wenig wie das Beharren auf einer Bootsauflage mitten im Zugang zum Wasser, wenn die örtliche Klubbeauftragte uns eine seitliche

Ablage anweist. Wir sind Gäste und da gab einer von uns kein gutes Bild ab.

Im Ruderklub am Wannsee

Im Ruderklub am Wannsee

Doch dann kam schon der 5. Tag. Schon früh am Freitagmorgen waren wir im „Panorama“ vor dem Pergamon-Museum – eine grandiose Schau in die Antike Pergamons und auch ein bisschen von Rom. Vom Inneren des fast 30 Meter hohen Zylinders aus Containern tat sich ein lebendiges Bild von Tempeln, Theater, Phidias-Werkstatt bis Kolosseum, belebt mit Menschen und Opfertieren mit Tag- und Nachtbeleuchtung so plastisch vor uns auf, dass man glauben konnte, man bewege sich selbst in dieser Welt! Es wäre wünschenswert, wenn diese Installation auch andernorts gezeigt würde; einen solchen Eindruck vom antiken Leben würde ich jedem Schüler von zirka 12 – 15 Jahren gönnen.

Und dann trafen wir auf ManFred Riedel, klein, drahtig, mit lebhaften Äuglein führte uns dieser Altachtundsechziger in seinen Turnschuhen 5 ½ Stunden (incl. 30 Minuten Mittagspause) zu Fuß durch die städtisch-feudalistische Stadtbaugeschichte der Berliner Mitte. Es war fesselnd bis zum Schluss auf dem Gendarmenmarkt:

Sechs Baustile an einem Platz; so hatte ich diesen Platz noch nie gesehen. Wir wurden auch – zu Recht ! – auf die gelegentlich vernachlässigte Tatsache hingewiesen, dass auch zu DDR-Zeiten nicht weniges zur Erhaltung und zum Wiederaufbau historisch bedeutsamer Bauten geleistet wurde. Es blieb bis zur Zugabfahrt – trotz angekündigten – „freien Nachmittags“ gerade noch Zeit für einen Besuch in der größten Chocolaterie (keine Fabrik), nämlich bei Fassbender und Rausch am Gendarmenmarkt. Ein kalter Schokoladenvollmilchkakao mit Rum mit einem Marzipantörtchen mit Biskuit und Himbeermousse ist ein Erlebnis in Berlin von besonderer Art. Und dann zum Schluss die Heimfahrt am Freitagabend von Berlin Hbf im ICE. Nichts war mit Wagennummern und Platzreservierung; reines Chaos. Dreien von uns verschaffte das eine Rückfahrt in der 1. Klasse.

Zusammenfassend kann man mit Fug und Recht sagen, dass wir dem Fahrtenleiter Wolfgang Thümmler und seinem Assistenten Jochen Meier eine Wanderfahrt erster Klasse verdanken, nämlich Dr. Rudi Knauff, Rudi Meister, Frank Oberbrunner, Karl-Heinz Saur, Burkhard Zellmer und Chronist Peter Lipphardt.

Lustig ist die Barkenfahrt

Vereinswanderfahrt – zur Nachahmung empfohlen!

Lustig ist die Barkenfahrt

Lustig ist die Barkenfahrt

Eine sehr harmonische, stressfreie und in jeder Hinsicht gelungene Wanderfahrt genossen die 9 Teilnehmer unseres Vereins bei sehr gutem Wetter am Samstag, 23. Juni 2012 mit der Barke des DRV von Kassel bis Hann.- Münden (30 km). Nach dem Ablegemanöver um 9.30 Uhr am Bootssteg sowie reibungslosen Schleusungen und Zwischenstopps für Picknick und sonst nötige Pausen erreichten wir gegen 16:30 Uhr den Anlegesteg des Mündener Rudervereins, wo die Barke auch stationiert ist. Der Vorsitzende des MRV, Kamerad Görnandt, übernahm mit PKW das Verholen aus dem Wasser, half beim Abriggern und war auch sonst mit Rat und Tat zugegen. Die umsichtige Organisation lag in den Händen von RK’in Johanna Wenzel, sie sorgte für den Transport der Barke nach Kassel (hier danken wir Detlev Wimmer und Arne Baumgärtner), regelte den Personenrücktransport und hatte, was ja stets sehr wichtig ist, jede Menge Verpflegung an Bord, so dass wir nach dem Verstauen der Barke auf dem Grundstück des MRV im Abendsonnenschein noch sehr ausgiebig vespern konnten, es fehlte an nichts!

 

Wanderfahrt

Saône – Wanderfahrt 2011

Rudis – Ruder – Reisen waren wieder unterwegs. Am 15.8.2011 mit Sprinter-Kleinbus und der guten alten „Kurhessen“ am Haken schafften wir es bis Vesoul, einem völlig ausgestorbenen Provinzstädtchen, wie uns schien. Doch dann klickte es: Mariä Himmelfahrt! Was in Italien als Feragosto mit Krach und Feuerwerk zelebriert wird, ist in Frankreich offenbar Anlass für absolute Ruhe. Hungrig und eigentlich in Vorfreude auf gutes französisches Abendessen, fanden wir letztlich nur eine Pizzeria.

In Frankreich ist eben doch einiges anders als sonst wo, so auch dies: auf dem flachen Land (das Saône – Becken ist flaches Land) gibt es fast nur noch Tankautomaten, aus denen Treibstoff mittels spezieller Tankkarten entnommen werden kann, was wir allerdings nicht wussten. Als wir dringend tanken mussten, sprachen wir an solcher Zapfstation einen Eingeborenen darauf an, ob er wohl bereit sei, unseren Bus auf seine Karte zu betanken gegen Erstattung des dann angezeigten Betrages in bar. Er zögerte, musterte unsere Altmännertruppe in kurzen Rudererhosen, lächelte maliziös und äußerte, er hülfe Deutschen nicht gern, doch der Krieg sei schließlich vorbei… wir waren gerettet.

Auch der Wettergott meinte es gut mit uns, fast zu gut. Abends gelegentlich ein kurzes Wärmegewitter, doch kein Tropfen, wenn wir auf dem Wasser waren. Nur an einem Morgen goss es wie aus Kübeln, als wir kurz nach 9:00 Uhr aufs Wasser wollten. Alle Klamotten

pitschnass, die Hände waschfrauenmäßig weich, die Stimmung dementsprechend! Wir setzten Petrus ein Ultimatum: wenn es um 10:00 Uhr immer noch regnen sollte, wollten wir ihm zum Trotz… dennoch zu Wasser. Und siehe da: 10 Minuten vor 10:00 Uhr klarte es völlig auf; wir waren wiederum gerettet. Nach 1991 waren wir zum zweiten Mal auf der Saône; es hatte sich einiges verändert. So hatte man etliche Schleusen automatisiert, und wir durften nicht mehr wie seinerzeit die beiden ampelgesicherten Schiffstunnel befahren. In zwei abenteuerlichen Aktionen mussten wir die unverwüstliche „Kurhessen“ – nicht auseinander genommen – auf unserem speziellen Einachswägelchen und am Bug mit autotauglicher Kupplung bestückt im Schritttempo jeweils ein paar Kilometer über den Berg transportieren bis zu einer geeigneten Einsatzstelle hinter dem Tunnel. Wanderruderer-Technik der wirklich ganz besonderen Art! Dem Vernehmen nach verdanken wir (und alle anderen etwaigen Ruderer – wir haben keine gesehen) diese Erschwernisse einer größeren Gruppe von Berliner Booten mit offenbar chaotischen Besatzungen, die infolge rudertechnischer Defizite den übrigens regen Hausbootverkehr vor, in und hinter Schleusen und Tunneln gravierend lahm zu legen vermochten. Dabei konnten wir noch froh sein, dass wir überhaupt Dank Intervention von Kamerad Rüdiger Mohrstedt bei der Wasserbehördenchefin in Lyon eine Schleusengenehmigung erhalten hatten, welche wir auch öfter vor Schleuseneinfahrt vorzeigen mussten.

Einiges war aber auch noch so, wie wir es (von vor 20 Jahren) in Erinnerung hatten: beschauliche Ufer und malerische Örtchen wie Dole, Gray und Seurre. Doch besonders konnten wir uns über die Beobachtung der wunderschönen Eisvögel freuen, welche immer noch zahlreich ihre Bruthöhlen in den Lehmuferbereichen haben.

Bis herauf (vom Mittelmeer her gesehen) nach Chalon-sur-Saône kommen die riesigen Flusskreuzfahrtschiffe der Rhone. In Chalon verluden wir deshalb unser Boot, gegenüber die prächtige Stadtkulisse aus der Gründerzeit, etwas früher als eigentlich geplant, weil: siehe oben zum Thema tunnelbedingte Bergtouren! Am 21. August auf der Rückfahrt durch das Elsass sahen wir noch – dicht an der Autobahn – auf einer Wiese eine Ansammlung von mindestens 25 Störchen; der Sommer und eine ereignisreiche Wanderfahrt gingen zu Ende. Wohlbehalten kamen nach Hause Hanns-Dieter Gerdum, Wolfgang Reukauf, Rüdiger Mohrstedt, Gerd Leben, Karl-Heinz Saur, Rudi Meister als Chef vom Ganzen sowie der Chronist.

Peter Lipphardt

Petra Boppert bildet Betriebssportler im Achter aus

Breitensport in der Lifetime-Sportart Rudern

Von Irene Diebel

Petra Boppert bildet Betriebssportler im Achter aus

Christoph Damm bildet Betriebssportler im Achter aus

Zum Breitensport zählen alle sportlichen Aktivitäten, die nicht leistungs- und wettkampforientiert sind. Kann man dies so stehen lassen? Vorerst ja, denn der Begriff bezeichnet den großen Bereich außerhalb des Spitzensports. Zum einen wird er für Sportaktivitäten verwendet, die von einer breiten Masse unterschiedlicher Altersgruppen und beiderlei Geschlechts betrieben werden, zum anderen vereint er die unterschiedlichen Zielsetzungen der in ihrer Freizeit sporttreibenden Menschen. Auch Schul- und Betriebssport gehören dazu.

Da sich das Sportverhalten in den letzten Jahrzehnten dahingehend verändert hat, dass man auch im Alter aktiv bleiben will, wird der Blick häufig auf eine wenig verletzungsanfällige, ausdauerbetonte Sportart gerichtet, die zugleich Gemeinschaft, Teamgeist und Naturverbundenheit bieten kann. Rudern bietet hier eine facettenreiche Plattform, die, wie nur wenige andere Sportarten, den individuellen Ansprüchen gerecht werden kann.

Schüler und Jugendliche

Durch Kooperation zwischen Schule und Verein finden Kinder relativ früh Zugang in die Rudervereine. Einige Schülerinnen und Schüler verschreiben sich dem Leistungssport und zeigen hohen Trainings- und Leistungswillen. Jedoch geht der Trend vieler Jugendlicher dahin, mehrere Sportarten gleichzeitig zu betreiben, dafür die einzelnen weniger intensiv. Höhere schulische Belastung durch verkürzte Schulzeit auf 12 Schuljahre und steigendes Interesse am selbst organisierten und informellen Freizeitsport stellen den Spaßfaktor vor den Wettkampfgeist. Es wird schwieriger für Vereine, dieser Organisationsform gerecht zu werden, denn Breitensportrudern für Kinder und Jugendliche galt bisher als eher „uncool.“ Geschicklichkeitswettkämpfe, Wanderfahrten und Regatten in der jeweiligen Leistungsklasse können eine Motivation bieten.

Zweite Wettkampfebene und Mastersrudern

Es kann ein Ziel sein, in der Zweiten Wettkampfebene, der 2009 ins Leben gerufenen Ruderbundesliga, Regatten zu bestreiten. An bundesweit sechs verschiedenen Standorten starten Vereinsachter der Frauen und Männer auf einer 350 m Sprintdistanz gegen die Uhr. Nach Punktesystem wird zu Saisonende der Titel des „Deutschen Ligachampion“ ermittelt.

Ehemalige Ruderinnen und Ruderer aus dem Hochleistungssport finden sich meist gut im Mastersrudern (ab 27 Jahren) in der jeweiligen Altersklasse zusammen. Dieser große Bereich kann keine homogene Gruppe sein, denn dazu haben die Sportler zu unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Bewegung, Wettkampf und Gesundheit. Wettkampfsport sowie regelmäßige Fitness-Einheiten werden in den jeweiligen Leistungsabteilungen organisiert. Es besteht die Möglichkeit auf den seit Jahren etablierten bundesweiten wie internationalen Masters-Regatten auf einer Distanz von 1000 m zu starten. Die FISA World Rowing Masters ist übrigens die größte internationale Regattaveranstaltung. Die Langstrecken-Regatten mit einer Streckenlänge von mehr als 4 km runden das Wettkampfangebot ab. Zum Beispiel die Regatten „Quer durch Berlin“ mit einer Länge von 7 km und der „Grüne Moselpokal“ mit 4 km Länge und einer Wende auf halber Strecke. Durch die individuell dosierbare Trainingsintensität und das vielfältige Wettkampfangebot ist ein fließender Übergang innerhalb der Abteilungen gut möglich. Aber auch Ruderinnen und Ruderer, die keine Wettkämpfe bestreiten möchten, finden Gleichgesinnte, mit denen ein Fitnessrudern zu persönlichen Erfolgen führt. Besondere Beachtung muss natürlich stets die Rudertechnik finden, die man in Abständen kontrollieren (lassen) sollte.

Erfolgreiche Ausbildung durch Jochen Meier, Überreichung der Urkunde

Erfolgreiche Ausbildung durch Jochen Meier, Überreichung der Urkunde

Neueinsteiger

Der dienstleistungsorientierte Freizeitsport, dazu gehören die Ruderausbildung für Neueinsteiger, Fortbildungskurse und der Betriebssport, ist offen für Nichtmitglieder. Er erfordert einen hohen Zeit- und Personalaufwand und wird von ehrenamtlich tätigen Übungsleitern und Vereinsmitgliedern organisiert und durchgeführt. Die Ruderausbildung umfasst einen Grundkurs bzw. einen ihm vorausgegangenen Schnupperkurs, in welchem Neueinsteiger neben den Bewegungsabläufen auch mit den Strukturen des Vereins sowie mit den Vereinsmitgliedern vertraut gemacht werden.

In der Fortbildung festigen sich die Bewegungsabläufe und neue werden erlernt, z.B. das Riemenrudern und in der Einer-Ausbildung wird Rudern im Skiff erlernt, an deren Ende eine Prüfung steht. Weil die koordinativen Fähigkeiten und die zur Verfügung stehende Zeit der Neueinsteiger individuell stark schwanken, ist ein festes Modulsystem nicht immer anzuwenden.

Anders im Betriebssport: hier kann man auf Grund der beständigen Teilnehmerzahl ein Kurssystem anbieten. Tagesfahrten (30-40 km) können am Saisonende stehen und den Gemeinschaftssinn stärken. Vereins- und Betriebssportregatten eignen sich hier als Wettkampfform.

Wanderrudern

Ruderreisen auf naturbelassenen Gewässern werden den Wettkämpfen vorgezogen, nach dem Motto: der Weg ist das Ziel. Auf Wanderfahrten wird der Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Gewässer und deren Umgebung Bedeutung zuteil. Eine gute Planung, grundlegende Fitness und Improvisationstalent sind für die Fahrten über mehrere Tage unabdingbar. An anderer Stelle wird ausführlicher über Wanderfahrten berichtet.

Für besondere Ruderkilometerleistungen werden vom Deutschen Ruderverband Auszeichnungen vergeben: DRV Jugendfahrtenabzeichen, Fahrtenabzeichen für Erwachsene, DRV Wanderruderpreis und der Äquatorpreis.

Darüber hinaus kann man seit 2006 das Rudern zur Erlangung des Deutschen Sportabzeichens, vergeben vom Deutschen Olympischen Sport Bund (DOSB), einbringen.

Die Fahrtenabzeichen des DRV (Jugendfahrtenabzeichen und das Fahrtenabzeichen für Erwachsene) werden für eine jährliche Ruderkilometerleistung vergeben. Gestaffelt in drei Altersgruppen jeweils für Frauen und Männer müssen bestimmte Ruderleistungen nachgewiesen werden. Z. B. gilt für einen Ruderer von 31 – 60 Jahre eine Gesamtruderleistung von 800 km, davon müssen 160 km auf Wanderfahrten zurückgelegt werden. Für jüngere Ruderer gelten mehr, für ältere Ruderer und Frauen entsprechend weniger Kilometer. Nach jeweils fünfmaligem Erreichen des Fahrtenabzeichens wird ein Goldenes Fahrtenabzeichen mit der jeweiligen Zahl verliehen.

Der DRV-Wanderruderpreis wird für die beste Leistung im Fahrten- und Wanderrudern an diejenigen Vereine vergeben, deren Leistung am weitesten über der Durchschnittsleistung vergleichbarer Vereine liegt. Die Vereine werden, entsprechend der „Statistik Fahrten- und Wanderrudern“, in fünf Gruppen unterteilt, damit auch kleinere Vereine in ihrer jeweiligen Gruppe diesen Preis erreichen können: Gruppe A = bis 30 aktive Ruderer, B = 31 – 80 aktive Ruderer, C = 81 – 150 aktive Ruderer, D = über 150 aktive Ruderer, E = Schülerrudervereine / -riegen. Der Herausforderungspreis geht nach fünfmaligem Gewinn an den Verein über.

Der Äquatorpreis würdigt eine durch jahrelange Wanderruderaktivität erbrachte Ruderleistung von 40.077 km.

Auch beim Deutschen Sportabzeichen, der Goldmedaille des Breitensports, ist der Rudersport vertreten. In den Bereichen Schnellkraft (Gruppe 4) und Ausdauer (Gruppe 5) kann man die erforderlichen Prüfungen ablegen, z.B.

  • Schnellkraft: 500 m Skiff Männer (30-39 J.) 02:30 Min.; 500 m Skiff Frauen (30-39 J.) 02:45 Min.
  • Ausdauer: 10 km Skiff Männer (18-39 J.) 01:05 Std.; 10 km Skiff Frauen (18-39 J.) 01:15 Std.

Der DOSB verleiht es für einmaligen Erwerb in Bronze, für dreimaligen Erwerb in Silber und für fünfmaligen Erwerb in Gold. Ab der neunten Wiederholung einmal in Gold, mit Wiederholungszahl in Fünferschritten.

Handicap-Rudern

Vom „Handicap-Rudern“ spricht der DRV bei Menschen mit körperlichen, geistigen, seelischen oder Sinnes-Beeinträchtigungen, bzw. Menschen, die aufgrund von erworbenen oder angeborenen Behinderungen dauerhaft, oder aufgrund von Krankheit in ihrer Leistungsfähigkeit längerfristig beeinträchtigt sind. Seit 2005 ist Rudern eine paralympische Sportart. Für Olympia 2008 sind vier Startklassen festgelegt worden, in denen Körperbehinderte und Sehgeschädigte startberechtigt sind. Je nach Beeinträchtigung wird dabei im Einer, Doppelzweier oder Vierer gerudert. Im Vierer sind Körperbehinderte mit geringen Einschränkungen und Sehgeschädigte startberechtigt, im Doppelzweier Körperbehinderte ohne Beinfunktion und der Einer wird als „Arms–only“ Bootsklasse gerudert. Die Einordnung der Sportler zu ihrer Behinderungsklasse wird von einer Klassifizierungskommission vorgenommen. So gut strukturierte Konzepte gibt es außerhalb des Leistungsbereiches bisher noch nicht. Jedoch hat sich das Handicap-Rudern auf Regatten wie dem Ruderfestival in Neukölln „Die silbernen Riemen“ und der Berliner Sommerregatta seit einigen Jahren etabliert. Für alle Vereinsmitglieder kann es eine Bereicherung sein zu erleben, wie Menschen mit Behinderungen die komplexen Bewegungsabläufe des Ruderns erlernen und durch beständiges Üben Fortschritte erreichen. Der DRV bietet hierfür Trainerlehrgänge und integrative Verbandswanderfahrten an, um den Weg der Sportler mit Behinderung in die Vereine zu erleichtern.

Schlussbetrachtung

Mit Blick auf die Aktivitäten in unserem Verein lässt sich folgendes sagen: Durch Bewegungsangebote für alle Altersstufen wird lebenslanges Sporttreiben ermöglicht. Leistungsgestufte Wettkämpfe muss es auch im Breitensport geben, denn Wettstreit liegt in der Natur des Menschen. Beginnend mit der Vereinsregatta ist Regattarudern auf vielen Ebenen möglich. Wer einmal gewonnen hat, wird es wieder wollen! Auch Kilometersammeln ist ein Wettkampf und auf Wanderfahrten gegen Wind, Regen, Strömung, schmerzende Körperteile anzurudern erfordert genauso viel Disziplin, Willen, Toleranz und Teamfähigkeit. Man kommt nur gemeinsam weiter. Nicht zuletzt machen ein respektvolles Miteinander und Freude an der Bewegung unseren Rudersport tatsächlich zur Lifetime-Sportart.

Rudi Meister

Hommage an Rudi Meister

Rudi Meister

Rudi Meister

Von Rüdiger Mohrstedt

Rudi Meister plant und organisiert seit über 20 Jahren Wanderfahrten in Deutschland und Europa; „Rudi’s Ruder-Reisen“, abgekürzt „RRR“, sind hierfür ein Synonym. Seine Planung war und ist immer perfekt, sowohl hinsichtlich Routen, Kartenmaterial, Zeiten, Unterkunft als auch Mannschaftseinteilung. Rudergefährten sind bzw. waren meist: H.-D. Gerdum, P. Lipphardt, W. Reukauf, K.-H. Saur, R. Mohrstedt, We. Kretschmer, G. Leben und früher Manfred Striegel sel. sowie Dr. Volker Freudenberg sel. Eine besondere Vorliebe hegt er für die französischen Gewässer. Die Planung für 2011 steht bereits: Befahrung der SAÔNE, von Scey sur Saône bis Lyon.  Als Dank für die uns gegenüber geleisteten wertvollen Arbeiten schenken wir ihm und uns allen diesen Bericht einer vor 12 Jahren (1999) durchgeführten Ruderreise.

Charante und Sèvre Niortaise

1. Die Charante: von Angoulême nach Rochefort

Nach Angoulême gelangt man mit einem kleinen Umweg über Chartres: Die Kathedrale aus dem 11. bis 13. Jahrhundert, UNESCO Weltkulturerbe, zog uns magisch an. Unser Crew-Historiker erklärte uns die grandiose Fassade, die besondere kunsthistorische Bedeutung der Basilika, ihre bedeutenden frühgotischen Kirchenfenster. In Angoulême, dem antiken Iculisma, erreichten wir die Charante, Heimat des Cognac. Die friedliche Charante, oft als malerischster Fluss Frankreichs bezeichnet und sicherlich eines der schönsten Ruder-Reviere Europas, bescherte uns 170 schiffbare Kilometer nach Rochefort, an ihrer Mündung in den Atlantik. Sie entspringt im Limousin und durchfließt zwischen Angoulême und Rochefort gemächlich die überwiegend ländlichen Gegenden mit Schlössern, Burgen und alten Mühlen. Weinberge und idyllische Marktflecken sowie Kleinstädte wie Jarnac, Cognac, Saintes prägen die Region. Wir kamen nicht umhin, deren Spitzenprodukte, Cognac und Pineau, eingehender Qualitätsprüfungen zu unterziehen.

In den meisten von der Charante und der Sèvre durchflossenen Ortschaften gibt es gute Anlegemöglichkeiten, so dass es für die Boots- und Busbesatzungen dieses Mal kein Problem war, einander zum Déjeuner zu treffen. Von der Bevölkerung wurden wir überall freundlich begrüßt, z.B. von den Bewohnern des ehemaligen Schleusenwärter-Häuschens von Jarnac, die uns in ihrem Garten mit „ahle Worscht á la française“ und dem unverzichtbaren Pineau örtlicher Provenienz bewirteten.

Derart Erbauliches entgeht dem Autotouristen. Als Wasserwanderer haben wir eben das Privileg, Siedlungen an den Flüssen „vom Fluss her“, also meist dort zu entdecken, wo sie gegründet wurden, und dadurch leichter Zugang zu ihrer Geschichte zu finden. Noch ein Wort zu den Schleusen der Charante: Im Lande der individuellen Freiheit und der variantenreichen Improvisation kamen auch unsere vier erfahrenen Ingenieure aus dem Staunen über kreative Technik nicht heraus: 21 Schleusen – 21 verschiedene Systeme. Von „Euronorm“ und Beton, wie wir sie im Vorjahr bei den Schleusen der Rhône erlebt hatten, glücklicher Weise keine Spur.

Wir passierten Saintes. Welche Bedeutung die Industriestadt als Mediolanum Santonum bereits in römischer Zeit hatte, zeigt die Größe ihres eindrucksvollen Amphitheaters, das 20.000 Personen Platz bietet, und in dem noch heute Opern aufgeführt werden. Das Ufer der Charante wird hier vom 2000 Jahre alten Triumphbogen des Germanicus beherrscht.

Die letzten 30 km der Charante sind gezeitenabhängig und zeigen bei Niedrigwasser das unerfreuliche Bild der in den Fluss abgekippten Relikte der Wegwerfgesellschaft. Allerdings half uns das mit hoher Geschwindigkeit ablaufende Wasser, diese Strecke schnell hinter uns zu bringen. Es folgte die Besichtigung von Rochefort, das von Colbert zur Zeit Louis XIV als Kriegshafen angelegt wurde und (leider bei Ebbe per Bus) der Île d’Oléron, deren wichtigster Erwerbszweig die Austernzucht ist. Juni … falsche Jahreszeit!

2. Auf Sèvre Niortaise: von Niort nach La Rochelle

Nachdem unsere ursprüngliche Absicht, die der Charante vorgelagerte Île d’Oléron zu umrudern und La Rochelle von See aus anzusteuern, nicht realisiert werden konnte, weil bei dem Ruderklub, der uns eine dazu erforderliche Seegig zugesagt hatte, niemand aufzutreiben war, zog Rudi, seit Jahrzehnten Frankreich-erfahren und entsprechend vorbereitet, „Plan B“ aus dem Ärmel: Eine exzellente Alternative, nur wenige Kilometer nördlich. Nach kurzem Landtransport setzten wir die „Kurhessen“ in der „Base nautique“ von Niort in die Sèvre Niortaise ein. Wunderschöne, verträumte Landschaft beiderseits des schmalen Flüsschens. Die hohen Bäume auf den Uferböschungen, Silberpappeln und Eichen, mit ihren über uns zusammen fließenden Kronen, wirkten wie ein lang gestreckter Dom. Sonnendurchflutet. Nach wenigen Flussmeilen die Schleuse von La Roussille. Beeindruckende Atmosphäre: Das restaurierte Schleusenhaus, umgewandelt in die „Auberge de La Roussille“. Im Schatten hoher Platanen und Kastanien, Blumenrabatten bis an den Rand des Schleusenbeckens, gepflegte Wege in den Park des nahen Herrenhauses. Sicherlich eine der schönsten Schleusenanlagen Frankreichs. Wir wussten, dass wir den Ort für unseren Abschiedsabend gefunden hatten.

Die Auflagen für das Befahren der Sèvre sind streng: Ankern in der Fahrrinne: „interdit“. Maximale Geschwindigkeit: 12 km/h. Daran haben wir uns strikt gehalten. Die Sèvre ist von Niort aus etwa 70 Kilometer bis zur Bucht von Aiguillon, wo sie nördlich von La Rochelle in den Atlantik mündet, ruderbar. Da ihre letzten 15 kanalisierten Kilometer uninteressant sind, haben wir uns auf die Strecke bis Marans beschränkt, die weitgehend durch das Naturschutzgebiet des „Marais Poitevin“ führt, ein dem Spreewald vergleichbares Gebiet, das von flachen, gestakten Booten befahren wird. Früher zum Transport landwirtschaftlicher Produkte, heute von Touristen. Wir genossen die Abgeschiedenheit des ländlichen „douce France“ als strengen Kontrast zur im Vorjahr erlebten kanalisierten Rhône mit ihren gewaltigen Einheitsschleusen, ihrer technisierten Landschaft mit Autobahnen, TGV und Kernkraftwerken, deren Kühltürme die Weinberge viele Kilometer weit dominieren.

In La Rochelle, nicht nur traditionsreicher Kriegshafen, sondern auch einer der malerischsten Orte an der französischen Atlantikküste, folgten wir Rudi auf den Pfaden seiner Jugend in französischer Gefangenschaft. Die im frühen Mittelalter unter englischerHerrschaft zu einem bedeutenden Hafen ausgebaute Forteresse war währendder Reformationszeit Zufluchtsort für Protestanten und Calvinisten und nach der Bartholomäusnacht eine der Hauptfestungen der Hugenotten. Später bedeutender Auswanderungshafen nach Amerika, im Zweiten Weltkrieg deutsche U-Boot-Basis. Trotz des erforderlichen Umwegs blieb das Votum „Auberge de la Roussille“ für unseren Abschiedsabend einstimmig. Vor der Kulisse des Herrenhauses im morbiden Charme seines Parks, unter südlichem Himmel und mächtigen Platanen, über Seerosen, die das Ufer der Sèvre säumten, wurden wir verwöhnt wie Könige. Vive la cuisine française!

Mit Friedrich Hölderlin, der diese Landschaft als die lieblichste und idyllischste Frankreichs besungen hat, erinnern sich ihrer gern: Rudi Meister als Reiseleiter, Hanns-Dieter Gerdum, Werner Kretschmer, Peter Lipphardt, Wolfgang Reukauf, Karl-Heinz Saur, und der Chronist, Rüdiger Mohrstedt.

Der Finowkanal bietet ruhigeres Wasser

Wanderrudern im RKC

Der Finowkanal bietet ruhigeres Wasser

Der Finowkanal bietet ruhigeres Wasser

Im Jahr 2010 wurden rund 5.700 km zurückgelegt. Die Kurhessen ruderten auf Mosel, Weser, Werra, Fulda, Elbe, Oder, Edersee und auf den Berliner, Potsdamer und holländischen Gewässern.

Die Bedingungen für den Fahrtenwettbewerb des DRV haben Rudi Meister mit 1.054 km, Reinhard Kaernbach mit 2.331 km und Karl Heinz Saur mit 811 km erfüllt.

Eine Bitte: Im Fahrtenbuch die Wanderfahrten mit Start-  und Zielort eintragen; das wird vom DRV für die Statistik gewünscht. Für 2011 werden Wanderfahrten im Bootshaus am „Schwarzen Brett“ ausgehängt. Einladungen per Post bzw. e-mail werden nicht ausgesprochen.

Schurri!

Gerhard Klotz

Auf der Oder bei Hochwasser flussabwärts von Frankfurt

Wanderfahrt „Die Oder und Umgebung“ 14. – 22. 8. 2010


Die Oder von Ratzdorf bis Hohenstaaten – Alte Oder – Schiffshebewerk Niederfinow – Oder-Havel-Kanal – Werbellinkanal – Werbellinsee – Finowkanal.
Auf der Oder bei Hochwasser flussabwärts von Frankfurt

Auf der Oder bei Hochwasser flussabwärts von Frankfurt

14. August: Zunächst mussten wir erst einmal an den deutsch-polnischen Grenzfluss gelangen. Bei strömendem Regen ging es am Auedamm los, bis Magdeburg zügig. Dann wurde es mühsam: Die A10 war wegen eines Tanklastwagen-Unfalls ganztägig gesperrt, so dass wir unser Tagesziel erst mit 90 km Umleitung und mehrstündiger Verspätung erreichten. Spätabends lagerten wir die „Kurhessen“ am Ratzdorfer Ufer der Oder, in unmittelbarer Nähe der Einmündung der Neiße. Übernachtung in Frankfurt.

15. August: Regen. Wie an allen Tagen dieser Reise; aber nur einmal während des Ruderns.
Wir ließen die „Kurhessen“ neben dem Ratzdorfer Pegel, der wegen des zunächst auch für die Oder befürchteten Hochwassers in diesen Tagen in aller Munde war, zu Wasser. Eine dafür halbwegs geeignete Stelle konnten wir jedoch nur mit Mühe finden, wie es auch auf fast der gesamten Oder-Strecke aufgrund der die Ufer weitläufig säumenden Feuchtgebiete kaum möglich war, trockenen Fußes an Land zu kommen – abgesehen von wenigen befestigten Anlagen wie in Frankfurt und Küstrin.
Am Einsetzplatz unseres Bootes unterhalb der Mündung der Neiße konnte man das Ausmaß der Überschwemmung an ihrem Oberlauf erahnen: In diesen Tagen floss sie nicht auf gleichem Niveau in die Oder, sondern sie ergoss sich, einem Wasserfall gleich, in hohem Schwall in diese und sorgte so für deren Beschleunigung.
Der übliche mittägliche Crew-Wechsel – fünf Mann im Boot, zwei im Bus – fiel an diesem Tag aus. Der Landdienst fand keinen Weg durch das Deich-Vorland an den Fluss. Bei angenehm sonnigem Ruderwetter und einem Vortrieb von gut 12 kmh über Grund nahm es die Crew jedoch gelassen und war früh an dem für den Abend vorgesehenen Ziel: Frankfurter RC. Von menschlichen Aktivitäten hat die Bootsbesatzung an diesem Tag kaum mehr gesehen als die Silhouette und Schornsteine des ehem. Stahlkombinats „Eisenhüttenstadt“, jetzt im Besitz des indischen Stahlmagnaten Mittal. Derweilen bewunderte der Landdienst die beindruckenden Deckenmalereien, Skulpturen und Gemälde des im 17. Jahrhundert frühbarock umgestalteten Zisterzienserklosters Neuzelle und dessen vorzügliches Klosterbräu.
16. August: Landschaftlich ähnliche Bilder wie am Vortag. Schneller Fluss. Die Auwälder gelegentlich unterbrochen von großflächigen hügeligen Wiesen, auf denen weiße Silage-Rollen in großer Zahl verstreut lagen. Auf den Deichen alle 200 Meter ein Pfosten in Nationalfarben: westlich der Oder schwarz-rot-gold, östlich weiß-rot. Die Deiche selbst wurden nach dem Hochwasser von 1997 in weiten Strecken erneuert und erhöht; an vielen Stellen waren jedoch noch umfangreiche Deichbau-Arbeiten im Gange. Ansonsten: Natur. Kaum ein Zeichen menschlichen Wirkens. Außer der „Kurhessen“ kein Boot oder Schiff auf dem großen Strom. Der Nachmittag gehörte Frankfurt: Dem schönen Maßwerkgiebel des spätgotischen Rathauses und der Bewunderung der Marienkirche, der fünfschiffigen, größten Hallenkirche der norddeutschen Backsteingotik. Ihre berühmten, nach dem zweiten Weltkrieg an die Sowjetunion ‚ausgeliehenen‘ Kirchenfenster wurden kürzlich zurückgegeben und wieder in die Apsis eingesetzt.
17. August: Oder und Umfeld wie gehabt. Vorbei an Küstrin. Bei Hohenstaaten Abzweig nach Westen in die Alte Oder und damit Verlassen des zuletzt quasi kanalisierten Stroms. Der Fluss wurde alsbald lieblicher, und, flußaufwärts rudernd, hatte die Kilometer-Fresserei ein Ende. Schon von weitem grüßte uns die hoch aufragende Stahl-Konstruktion des Schiffshebewerks Niederfinow, das uns zwei Stunden später von der Alten Oder 36 Meter hoch auf das Niveau des Oder-Havel-Kanals hievte. Dieses um 1930 gebaute, eindrucksvolle und damals weltgrößte Schiffshebewerk besichtigten wir auf dem Rückweg. Die „Kurhessen“ vertäuten wir in einem nahen Stichkanal an den Resten der verfallenen Treppenschleuse des alten Finowkanals, dessen Ursprung in den Anfang des 17. Jahrhunderts zurückreicht.
Hier Bild 3: „Finowkanal“
18. August: Heftiger Regen und Gegenwind machten die ohnehin ziemlich langweiligen 25 Kilometer auf dem nüchtern-breiten Oder-Havel-Kanal zu einer Tortur für die Bootsbesatzung, die sich danach in der Marina von Marienwerder bei dann wieder prächtigem Wetter erholen konnte. Die anschließende Fahrt auf dem alten idyllischen Werbellinkanal, durch Auwälder, mit Seerosen bewachsenen Teichen in den Werbellinsee – lt. Theodor Fontane „der schönste See der Mark Brandenburg“ – sorgte für einen versöhnlichen Tagesausklang.
19. August: Drei-Kanäle-Tag: Zurück durch den schmalen, sich durch die kleinen Seen schlängelnden Werbellinkanal, dessen Ufer kaum befestigt sind, und über den sich die Kronen hoher Bäume Dom-ähnlich schließen. Ein paar Kilometer auf der unwirtlichen Oder-Havel-Verbindung mit ihrer kommerziellen Groß-Schifffahrt zwischen Berlin und der Ostsee. Dann auf den Resten des historischen Finowkanals mit seinen handbetriebenen Schleusen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Seinerzeit eine bedeutende Wasserstraße, nach dem Bau des parallel verlaufenden Oder-Havel-Kanals vernachlässigt, nach der (Wieder-)Vereinigung umfangreich saniert. Ein Wanderruder-Paradies in üppiger Natur. Am Nachmittag Besichtigung des ehemaligen Zisterzienserklosters Chorin, dessen Urzelle in der Mitte des 13. Jahrhunderts lag. Trotz teilweiser Zerstörung der dreischiffigen Klosterkirche ein einzigartiges Bauwerk der norddeutschen Backsteingotik. Seine prachtvolle Westfassade überstrahlt das weitläufige Gelände und lädt zu zahlreichen Veranstaltungen, z.B. des „Choriner Musiksommers“, ein. Während einer Kloster-Führung entdeckten wir, dass am Nachmittag unseres letzten Rudertags ein Trompetenkonzert in der Klosterkirche stattfinden sollte. Die Entscheidung gegen Rudern fällt zwar immer schwer; aber in diesem Fall war sie einstimmig: Diese Gelegenheit wollten wir uns nicht entgehen lassen; und so erwarben wir die letzten noch verfügbaren Konzertkarten.
20. August: Noch einmal genossen wir ein paar Ruder-Kilometer in der beschaulichen Ruhe des Tinowkanals, kurbelten an etlichen Schleusentoren und legten die „Kurhessen“ in Eberswalde an Land. Als wir vor der dortigen gotischen Maria-Magdalenen-Kirche versuchten, die Inschriften auf der vor ihrem Portal stehenden mächtigen Freiheitsglocke zu entziffern, half uns dabei ein junger Mann, der sich später als der zuständige „Pfarrer, Küster und Mädchen für Alles“ zu erkennen gab. Es folgte eine bemerkenswerte Führung durch die Kirche mit ihrem Jahrhunderte alten Altar und Taufbecken, und durch ihre Geschichte, in der sie dank standhafter Gemeinde alle Anfechtungen aus Kriegen und Politik schadlos überstanden hat.
21. August: Besichtigung des Schiffshebewerks Niederfinow. Ein Technikmonument erster Güte ist die gigantische Maschinerie, mit deren Hilfe Schiffe den Höhenunterschied zwischen Oder und Havel bei Niederfinow in einem einzigen Schleusengang überwinden. Dabei hebt bzw. senkt ein elektrisch angetriebener Super-Lift einen Schleusen-ähnlichen Stahltrog samt Schiff(en), Ladung und Wassermassen im Gesamtgewicht von fast 5.000 Tonnen in wenigen Minuten um 36 Meter. Eine technische Meisterleistung für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Als Zugabe hatten wir bei bester Sicht aus 60 Meter Höhe einen prächtigen Rundblick über Hügel und Seen Brandenburgs. Neben diesem Stahlgiganten entsteht z.Zt. das futuristisch anmutende „Neue Schiffshebewerk Niederfinow“: Betonklotz. Doppelte Kapazität.
Nachmittag: Klosterkirche Chorin: Acht Trompeten, Pauken und Basso continuo.
Händel: „Feuerwerksmusik“ und „Wassermusik”. Jeremiah Clarke: „Suite of Ayres for the Theatre“ und „The Prince of Denmark’s March“. Grandios.
22. August: Rückfahrt wie Hinfahrt: Regen und Staus. Doch nach dieser eindrucksvollen Reise beeinträchtigte das weder die Stimmung unseres Kommandanten, Rudi Meister, noch die seiner Crew: Hanns-Dieter Gerdum, Gerd Leben, Peter Lipphardt, Wolfgang Reukauf, Karl-Heinz Saur und Rüdiger Mohrstedt als Verfasser dieses Artikels.
Die Barke in einer Sportbootschleuse

Neun alte Herren auf Moselfahrt vom 30.5.-4.6.2010

Die Barke in einer Sportbootschleuse

Die Barke in einer Sportbootschleuse

Die Idee zu einer Barkenfahrt auf der Mosel hatte unser Ehrenvorsitzender Gerd Michael Brach in Erinnerung an eine RK – Kurhessen – Wanderfahrt vor 30 Jahren. Als verantwortlicher Thümmler, der für die Bahnfahrt und Kasse zuständig war. Beide hatten zuvor auf einer zweitägigen Inspektionsfahrt die Unterkünfte und die Anlegemöglichkeiten für die Barke getestet. Durch Gerd Michaels Verbindungen zu seiner Heimatstadt Trier konnte eine Barke gechartert und deren Rückführung sowie eine Stadtführung organisiert werden. Frau Liesel Heckmann sowie Frau Eva Bernhardt und Werner Bergmann vom Trierer RV sei an dieser Stelle nochmals herzlich für ihr Engagement gedankt. Die Wanderfahrt stand zunächst unter keinem guten Stern, denn drei ursprünglich angemeldete Teilnehmer sprangen ab; der letzte sogar erst 3 Tage vor Fahrtbeginn! Die Tatsache, dass wir kein Begleitfahrzeug dabei hatten, bedeutete, dass wir unser Gepäck immer mit uns führen mussten. Neben einer leicht zu verstauenden Sporttasche war nur ein kleines Handgepäck erlaubt. Dank der Fahrbereitschaft unserer Winzerfreunde und Hoteliers brauchte das Gepäck zwischen den Anlegestellen und Unterkünften nicht von uns geschleppt zu werden.

Insgesamt gesehen war die Packerei für alle eine logistische Herausforderung und war für einige sogar zu einem Problem geworden. Mal blieb ein Pulli oder eine Tasche liegen, mal eine Vereinsflagge; mal fehlte ein Sitzkissen, mal eine Rudermütze. Und eine Flasche Wein zerbrach im Gepäck eines Ruderkameraden, bevor die Reise begonnen hatte.
Im Verlauf der Wanderfahrt zeigte sich die Altherrentruppe stabiler und flexibler als es das Durchschnittsalter von fast 75 Jahren vermuten ließ. Das sogenannte kollektive Gedächtnis wurde eine unserer Stützen. Die hochkarätige Bootsbesatzung von Ehren-, Vorstands- und erfahrenen Wanderfahrtmitgliedern führte allerdings bei unvorhergesehenen Manövern oft zu kontroversen Diskussionen, die erst durch ein Machtwort des Fahrtenleiters gestoppt werden konnten.
Die kulturellen Highlights gab es gleich an den ersten beiden Tagen: eine zweistündige Stadtführung durch die über 2000 Jahre alte römische Kaiserresidenz und Provinzhauptstadt Trier mit der Porta Nigra, dem Dom (die frühere Konstantinsbasilika), den kaiserlichen Thermen und dem kurfürstliche Palast, um die wesentlichen Schwerpunkte zu nennen. Nach einer
18 – km – Etappe nach Riol folgte noch am selben Abend eine erlesene Weinprobe mit „Schmeckewöhlerchen“ beim Winzer Franz Peter Schmitz im Römerhof. Und die nächste Weinprobe gab es einen Tag später in Brauneberg, wo wir anschließend eine römische Keltereinrichtung in der Weinlage „Juffer“ der Familie Schiffmann besichtigen konnten.
Traben – Trarbach und Senheim waren nach 30 bzw. 38 Km die Etappenziele der nächsten beiden Tage; diesmal stand das Rudern mehr im Vordergrund inmitten einer einmalig
schönen Flusslandschaft mit steil aufsteigenden Weinbergen und malerischen Dörfern. Und das Wetter wurde immer besser.
Der Tagesrhythmus hatte sich inzwischen eingependelt: 8 Uhr Frühstück, 9 Uhr Abfahrt, gegen Mittag Rast am Bootssteg eines Rudervereins, wo es zu den selbstzubereiteten Lunchpaketen Wasser bzw. Wein gab. Lagen wir gut in der Zeit, wurde kurz vor Ende der Etappe noch eine Kaffeepause eingelegt, damit die Kuchen- und Eisfreunde auf ihre Kosten kamen. Alle 5 Km wurde der Steuermann ausgewechselt; jedem war freigestellt, auf der Backbord- oder Steuerbordseite zu rudern. Bei den vielen Flussschleifen waren Rücken- und Gegenwind ausgeglichen. Das tägliche Schleusen brachte Abwechslung.
Versuche, den Schalleffekt der bis zu 10 Meter hohen Kammerwände gesanglich auszunutzen, scheiterte an den fehlenden Textkenntnissen. Besser klappte das am letzten Abend, als wir der Tochter des Straußenwirts, der deutschen Weinkönigin von 2009, ein Ständchen zum 21. Geburtstag brachten. Zuvor hatten wir jedoch noch die größte Herausforderung der Wanderfahrt zu bestehen. Als wir nach insgesamt 162 zurückgelegten Flußkilometern hinter Moselkern einen Schutzhafen anliefen, um die Barke herauszunehmen und zu verladen, versagte uns der Campingplatzwart die Erlaubnis. Wir mussten also wieder 2 km zurück stromaufwärts nach Moselkern rudern, wo wir mit dem Einsatz unserer letzten Kräfte und hilfsbereiter Dorfbewohner die Barke auf den Hänger hievten und das Gefährt über eine schräge Ebene auf den Straßendamm schoben. Dass es bei dieser wilden Aktion zu einer Beule am Zugfahrzeug kam, ist zwar bedauerlich, konnte aber die gute Stimmung nicht mehr stören.
Als Abschluss unserer ereignisreichen Ruderwanderfahrt gab es noch am Vormittag des letzten Tages eine Wanderung zur Burg Elz, die der Verfasser dieses Berichtes nur zur Hälfte mitmachte, um sein neues Knie nicht überzustrapazieren. In der Ringelheimer Mühle wartete er auf die Rückkehr seiner Ruderkameraden Gerd Michael Brach, Reinhard Kernbach, Rudolf Knauff, Rudi Meister, Frank Oberbrunner, Karl Heinz Saur, Bernhardt Selting, und Wolfgang Thümmler, um nach einem letzten gemeinsamen Mittagessen die Heimfahrt mit der Deutschen Bahn über Koblenz, Frankfurt nach Kassel anzutreten. Wir werden die Barkenfahrt auf der Mosel 2010 in guter Erinnerung behalten und können sie zur Nachahmung nur weiter empfehlen.
Jochen Meier