Archiv der Kategorie: Handicaprudern

„Die Teilnahme an der Aktion „Rudersport & Schule“ war schon ein großer Erfolg!“

DSC_0055 DSC_0081 IMG_20130506_122858 IMG_20130506_123310In diesem Jahr nahmen die Schülerinnen und Schüler der Alexander-Schmorell-Schule Kassel erstmals am bundesweiten Kräftemessen auf dem Ruderergometer teil.

Für unsere Schülerschaft ging es nicht darum vordere Ränge zu belegen, die Teilnahme an sich, war für viele schon ein großer Erfolg, sind wir doch eine Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Bei uns werden Kinder mit den unterschiedlichsten Handicaps und Beeinträchtigungen unterrichtet. Ein Weg der Förderung an unserer Schule ist der Sport.

Im Jahr 2011 wurde in enger Zusammenarbeit mit dem RV Kurhessen-Cassel 1890/1911 eine schulische Ruder-AG gegründet, die es unseren Schüler/innen ermöglicht den Rudersport mit all seinen koordinativen Facetten kennen zu lernen. Ziel dieser Handicap-Ruder AG ist das Erlernen der Grundlagen des Rudersports. Neben dem Training auf dem Wasser erfolgte auch eine ruderspezifische Schulung an Land. So kamen die Schulruderer/innen in den Kontakt mit dem Ruderergometer. Die Idee, an dem Wettbewerb teilzunehmen, entstand.

Mit großer Begeisterung und Engagement beteiligten sich insgesamt 30 junge Sportler und Sportlerinnen der Mittel- und Hauptstufe an dem Wettbewerb. Einschränkungen gab es dabei für die Kids keine. Eine Gehhilfe, der Rollstuhl oder gar die Notwendigkeit eines Assistenten hielten sie nicht auf. Mit viel Leidenschaft ging jeder Teilnehmer/jede Teilnehmerin an die Sache und fuhr je nach individuellem Vermögen seine Meter auf dem Ergometer ein.

Der Aktionstag bereitete der Schülerschaft sehr viel Spaß und stärkte den Willen, über das Ergometer hinaus im Herbst in Berlin am erstmals ausgetragenen Inklusionswettbewerb bei Jugend trainiert für Olympia bzw. Jugend trainiert für Paralympics im Bereich Rudern ebenso anzutreten.

Nach der harten Zeit im Ergometerraum genießen unsere Ruderer nun wieder das Training auf dem Wasser. Eins ist für uns klar, nächstes Jahr sind wir auf alle Fälle beim Wettbewerb „der schnellsten Ruderergometer-Klasse 2014“ wieder am Start.

Alexander-Schmorell-Schule Kassel

Petra Boppert bildet Betriebssportler im Achter aus

Breitensport in der Lifetime-Sportart Rudern

Von Irene Diebel

Petra Boppert bildet Betriebssportler im Achter aus

Christoph Damm bildet Betriebssportler im Achter aus

Zum Breitensport zählen alle sportlichen Aktivitäten, die nicht leistungs- und wettkampforientiert sind. Kann man dies so stehen lassen? Vorerst ja, denn der Begriff bezeichnet den großen Bereich außerhalb des Spitzensports. Zum einen wird er für Sportaktivitäten verwendet, die von einer breiten Masse unterschiedlicher Altersgruppen und beiderlei Geschlechts betrieben werden, zum anderen vereint er die unterschiedlichen Zielsetzungen der in ihrer Freizeit sporttreibenden Menschen. Auch Schul- und Betriebssport gehören dazu.

Da sich das Sportverhalten in den letzten Jahrzehnten dahingehend verändert hat, dass man auch im Alter aktiv bleiben will, wird der Blick häufig auf eine wenig verletzungsanfällige, ausdauerbetonte Sportart gerichtet, die zugleich Gemeinschaft, Teamgeist und Naturverbundenheit bieten kann. Rudern bietet hier eine facettenreiche Plattform, die, wie nur wenige andere Sportarten, den individuellen Ansprüchen gerecht werden kann.

Schüler und Jugendliche

Durch Kooperation zwischen Schule und Verein finden Kinder relativ früh Zugang in die Rudervereine. Einige Schülerinnen und Schüler verschreiben sich dem Leistungssport und zeigen hohen Trainings- und Leistungswillen. Jedoch geht der Trend vieler Jugendlicher dahin, mehrere Sportarten gleichzeitig zu betreiben, dafür die einzelnen weniger intensiv. Höhere schulische Belastung durch verkürzte Schulzeit auf 12 Schuljahre und steigendes Interesse am selbst organisierten und informellen Freizeitsport stellen den Spaßfaktor vor den Wettkampfgeist. Es wird schwieriger für Vereine, dieser Organisationsform gerecht zu werden, denn Breitensportrudern für Kinder und Jugendliche galt bisher als eher „uncool.“ Geschicklichkeitswettkämpfe, Wanderfahrten und Regatten in der jeweiligen Leistungsklasse können eine Motivation bieten.

Zweite Wettkampfebene und Mastersrudern

Es kann ein Ziel sein, in der Zweiten Wettkampfebene, der 2009 ins Leben gerufenen Ruderbundesliga, Regatten zu bestreiten. An bundesweit sechs verschiedenen Standorten starten Vereinsachter der Frauen und Männer auf einer 350 m Sprintdistanz gegen die Uhr. Nach Punktesystem wird zu Saisonende der Titel des „Deutschen Ligachampion“ ermittelt.

Ehemalige Ruderinnen und Ruderer aus dem Hochleistungssport finden sich meist gut im Mastersrudern (ab 27 Jahren) in der jeweiligen Altersklasse zusammen. Dieser große Bereich kann keine homogene Gruppe sein, denn dazu haben die Sportler zu unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Bewegung, Wettkampf und Gesundheit. Wettkampfsport sowie regelmäßige Fitness-Einheiten werden in den jeweiligen Leistungsabteilungen organisiert. Es besteht die Möglichkeit auf den seit Jahren etablierten bundesweiten wie internationalen Masters-Regatten auf einer Distanz von 1000 m zu starten. Die FISA World Rowing Masters ist übrigens die größte internationale Regattaveranstaltung. Die Langstrecken-Regatten mit einer Streckenlänge von mehr als 4 km runden das Wettkampfangebot ab. Zum Beispiel die Regatten „Quer durch Berlin“ mit einer Länge von 7 km und der „Grüne Moselpokal“ mit 4 km Länge und einer Wende auf halber Strecke. Durch die individuell dosierbare Trainingsintensität und das vielfältige Wettkampfangebot ist ein fließender Übergang innerhalb der Abteilungen gut möglich. Aber auch Ruderinnen und Ruderer, die keine Wettkämpfe bestreiten möchten, finden Gleichgesinnte, mit denen ein Fitnessrudern zu persönlichen Erfolgen führt. Besondere Beachtung muss natürlich stets die Rudertechnik finden, die man in Abständen kontrollieren (lassen) sollte.

Erfolgreiche Ausbildung durch Jochen Meier, Überreichung der Urkunde

Erfolgreiche Ausbildung durch Jochen Meier, Überreichung der Urkunde

Neueinsteiger

Der dienstleistungsorientierte Freizeitsport, dazu gehören die Ruderausbildung für Neueinsteiger, Fortbildungskurse und der Betriebssport, ist offen für Nichtmitglieder. Er erfordert einen hohen Zeit- und Personalaufwand und wird von ehrenamtlich tätigen Übungsleitern und Vereinsmitgliedern organisiert und durchgeführt. Die Ruderausbildung umfasst einen Grundkurs bzw. einen ihm vorausgegangenen Schnupperkurs, in welchem Neueinsteiger neben den Bewegungsabläufen auch mit den Strukturen des Vereins sowie mit den Vereinsmitgliedern vertraut gemacht werden.

In der Fortbildung festigen sich die Bewegungsabläufe und neue werden erlernt, z.B. das Riemenrudern und in der Einer-Ausbildung wird Rudern im Skiff erlernt, an deren Ende eine Prüfung steht. Weil die koordinativen Fähigkeiten und die zur Verfügung stehende Zeit der Neueinsteiger individuell stark schwanken, ist ein festes Modulsystem nicht immer anzuwenden.

Anders im Betriebssport: hier kann man auf Grund der beständigen Teilnehmerzahl ein Kurssystem anbieten. Tagesfahrten (30-40 km) können am Saisonende stehen und den Gemeinschaftssinn stärken. Vereins- und Betriebssportregatten eignen sich hier als Wettkampfform.

Wanderrudern

Ruderreisen auf naturbelassenen Gewässern werden den Wettkämpfen vorgezogen, nach dem Motto: der Weg ist das Ziel. Auf Wanderfahrten wird der Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Gewässer und deren Umgebung Bedeutung zuteil. Eine gute Planung, grundlegende Fitness und Improvisationstalent sind für die Fahrten über mehrere Tage unabdingbar. An anderer Stelle wird ausführlicher über Wanderfahrten berichtet.

Für besondere Ruderkilometerleistungen werden vom Deutschen Ruderverband Auszeichnungen vergeben: DRV Jugendfahrtenabzeichen, Fahrtenabzeichen für Erwachsene, DRV Wanderruderpreis und der Äquatorpreis.

Darüber hinaus kann man seit 2006 das Rudern zur Erlangung des Deutschen Sportabzeichens, vergeben vom Deutschen Olympischen Sport Bund (DOSB), einbringen.

Die Fahrtenabzeichen des DRV (Jugendfahrtenabzeichen und das Fahrtenabzeichen für Erwachsene) werden für eine jährliche Ruderkilometerleistung vergeben. Gestaffelt in drei Altersgruppen jeweils für Frauen und Männer müssen bestimmte Ruderleistungen nachgewiesen werden. Z. B. gilt für einen Ruderer von 31 – 60 Jahre eine Gesamtruderleistung von 800 km, davon müssen 160 km auf Wanderfahrten zurückgelegt werden. Für jüngere Ruderer gelten mehr, für ältere Ruderer und Frauen entsprechend weniger Kilometer. Nach jeweils fünfmaligem Erreichen des Fahrtenabzeichens wird ein Goldenes Fahrtenabzeichen mit der jeweiligen Zahl verliehen.

Der DRV-Wanderruderpreis wird für die beste Leistung im Fahrten- und Wanderrudern an diejenigen Vereine vergeben, deren Leistung am weitesten über der Durchschnittsleistung vergleichbarer Vereine liegt. Die Vereine werden, entsprechend der „Statistik Fahrten- und Wanderrudern“, in fünf Gruppen unterteilt, damit auch kleinere Vereine in ihrer jeweiligen Gruppe diesen Preis erreichen können: Gruppe A = bis 30 aktive Ruderer, B = 31 – 80 aktive Ruderer, C = 81 – 150 aktive Ruderer, D = über 150 aktive Ruderer, E = Schülerrudervereine / -riegen. Der Herausforderungspreis geht nach fünfmaligem Gewinn an den Verein über.

Der Äquatorpreis würdigt eine durch jahrelange Wanderruderaktivität erbrachte Ruderleistung von 40.077 km.

Auch beim Deutschen Sportabzeichen, der Goldmedaille des Breitensports, ist der Rudersport vertreten. In den Bereichen Schnellkraft (Gruppe 4) und Ausdauer (Gruppe 5) kann man die erforderlichen Prüfungen ablegen, z.B.

  • Schnellkraft: 500 m Skiff Männer (30-39 J.) 02:30 Min.; 500 m Skiff Frauen (30-39 J.) 02:45 Min.
  • Ausdauer: 10 km Skiff Männer (18-39 J.) 01:05 Std.; 10 km Skiff Frauen (18-39 J.) 01:15 Std.

Der DOSB verleiht es für einmaligen Erwerb in Bronze, für dreimaligen Erwerb in Silber und für fünfmaligen Erwerb in Gold. Ab der neunten Wiederholung einmal in Gold, mit Wiederholungszahl in Fünferschritten.

Handicap-Rudern

Vom „Handicap-Rudern“ spricht der DRV bei Menschen mit körperlichen, geistigen, seelischen oder Sinnes-Beeinträchtigungen, bzw. Menschen, die aufgrund von erworbenen oder angeborenen Behinderungen dauerhaft, oder aufgrund von Krankheit in ihrer Leistungsfähigkeit längerfristig beeinträchtigt sind. Seit 2005 ist Rudern eine paralympische Sportart. Für Olympia 2008 sind vier Startklassen festgelegt worden, in denen Körperbehinderte und Sehgeschädigte startberechtigt sind. Je nach Beeinträchtigung wird dabei im Einer, Doppelzweier oder Vierer gerudert. Im Vierer sind Körperbehinderte mit geringen Einschränkungen und Sehgeschädigte startberechtigt, im Doppelzweier Körperbehinderte ohne Beinfunktion und der Einer wird als „Arms–only“ Bootsklasse gerudert. Die Einordnung der Sportler zu ihrer Behinderungsklasse wird von einer Klassifizierungskommission vorgenommen. So gut strukturierte Konzepte gibt es außerhalb des Leistungsbereiches bisher noch nicht. Jedoch hat sich das Handicap-Rudern auf Regatten wie dem Ruderfestival in Neukölln „Die silbernen Riemen“ und der Berliner Sommerregatta seit einigen Jahren etabliert. Für alle Vereinsmitglieder kann es eine Bereicherung sein zu erleben, wie Menschen mit Behinderungen die komplexen Bewegungsabläufe des Ruderns erlernen und durch beständiges Üben Fortschritte erreichen. Der DRV bietet hierfür Trainerlehrgänge und integrative Verbandswanderfahrten an, um den Weg der Sportler mit Behinderung in die Vereine zu erleichtern.

Schlussbetrachtung

Mit Blick auf die Aktivitäten in unserem Verein lässt sich folgendes sagen: Durch Bewegungsangebote für alle Altersstufen wird lebenslanges Sporttreiben ermöglicht. Leistungsgestufte Wettkämpfe muss es auch im Breitensport geben, denn Wettstreit liegt in der Natur des Menschen. Beginnend mit der Vereinsregatta ist Regattarudern auf vielen Ebenen möglich. Wer einmal gewonnen hat, wird es wieder wollen! Auch Kilometersammeln ist ein Wettkampf und auf Wanderfahrten gegen Wind, Regen, Strömung, schmerzende Körperteile anzurudern erfordert genauso viel Disziplin, Willen, Toleranz und Teamfähigkeit. Man kommt nur gemeinsam weiter. Nicht zuletzt machen ein respektvolles Miteinander und Freude an der Bewegung unseren Rudersport tatsächlich zur Lifetime-Sportart.

Schmorell-Schüler wagen sich auf Fulda

Rudertour mit Handicap – Schmorell-Schüler wagen sich auf Fulda

Schmorell-Schüler wagen sich auf Fulda

Starke Ruderer: Dennis Schülbe, Lehrerin Dörte Flaschmann, AndreMalkeit, David Chudy, Tobias Schmerfeld, Nasar Renz (im Rollstuhl) und Lehrer Bastian Lehmann (v.li.) auf der Pritsche des Bootshauses.

Nasar Renz sitzt im Rollstuhl. Der 17-jährige Schüler kann ohne fremde Hilfe nicht laufen. Früher, so erzählt er, konnte er nicht mal sitzen oder essen. „Ich konnte gar nix als kleines Kind“, berichtet er, während er seinen Rollstuhl über das Gelände des Rudervereins Kurhessen steuert. Cerebralparese, Museklverkrampfungen, die Spastiken ähneln, machen ihm zu schaffen. Doch seiner Behinderung zum Trotz ist er einer von fünf Alexander- Schmorell-Schülern, die im Rahmen einer Projektwoche den Rudersport kennenlernen wollten. Die Förderschullehrer Bastian Lehmann und Dörte Flaschmann haben das Projekt in ihrer Schule angeregt und damit einen vollen Erfolg gelandet. An vier Tagen wurden die jungen Sportler mit der völlig unbekannten Sportart vertraut gemacht. „Gerudert hab ich noch nie, aber ich war schonmal an der Fulda,“ sagt einer der Fünf.

Nachdem zunächst Ausrüstung, Boote und Umgebung kennengelernt wurden, ging’s nach zwei Tagen ins Boot. „Das war am Anfang sehr schwierig, aber dann hat’s voll Spaß gemacht,“ erklärt Tobias Schmerfeld. Wie alte Ruder-Hasen gehen die Fünf mit dem Boot um, Nasar Renz wird aus dem Rollstuhl in den Rudersitz gehoben, dann geht’s los.

„Die Begeisterung der Kinder ist spürbar,“ ist auch Schmorell-Rektor Karl-Ludwig Rabe begeistert. „Der Lernzuwachs, das soziale Erleben und die Motivation – das ist fantastisch.“

Auch die Lehrer haben Überraschungen erlebt: „Wie schnell die Kinder gelernt und verstanden haben – toll“, so Lehmann. Gerade er selbst, der auch aktiv Wassersport betreibt weiß, wie komplex Rudern ist. „Dafür lief es super.“

Jetzt strebt die Schule eine Kooperation mit dem Ruderverein Kurhessen an: „Das ist genau das, was mir schon lange vorschwebte“, signalisiert Kurhessen-Vorsitzender Frank Oberbrunner seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Sport an der frischen Luft, Training im Team, gesunde Bewegung: Rollstuhlfahrer Nasar Renz verbindet mit dem Sport auch seine eigenen Hoffnungen. „Vielleicht kann ich ja, wenn ich fleißig weiter trainiere und meine Beinmuskeln stärke, irgenwann alleine an Krücken laufen,“ hofft er. Dann rollt er Richtung Bootssteg, es geht wieder aufs Wasser. Da will er nicht fehlen.

Quelle: ExtraTip

Presseschau: Rudertour mit Handicap – Schmorell-Schüler wagen sich auf Fulda (PDF)