Fortbildung: Warum nicht mal wieder etwas dazu lernen?

Der Übungsleiterschein für Erwachsene/Ältere
Vor ein paar Jahren, als Burkhard Zellmer noch in Amt und Würden war (Breitensport mittwochs 18.00-20.00), erschien es mir reizvoll, diese Übungsleiterausbildung (Lizenz C) auch mal zu machen. Ich meldete mich an, aber der Lehrgang kam nicht zustande. „Es soll eben nicht sein, überflüssige Zeit hast du ohnehin nicht.“, dachte ich, aber dann kam das Aus von Burkhard und ich zu neuerlichen Überlegungen. Mehr Zeit hatte ich jetzt zwar auch nicht, aber schon eine gehörige Portion Neugier. Als Frank Oberbrunner dann juristische Bedenken anmeldete, wie ich denn ohne Übungsleiterschein die Verantwortung für eine Sportgruppe übernehmen könne‚
– „Einen Erste-Hilfe-Kurs hast du doch wenigstens?“ – war es entschieden: jetzt also doch!
Die Anmeldung war schnell raus und postwendend kamen der Lehrplan und mir die ersten Zweifel. Die Teilnehmer sollten nämlich eine Menge Hausaufgaben und Ausarbeitungen anfertigen. Es wirkte wie im Referendariat in der Lehrerausbildung und den Gedanken fand ich gar nicht mehr gut.
Der Lehrgang war vorgesehen an acht strammen Wochenenden, jeweils von Freitag 17.00 bis Sonntag 12.00. Das hieß also: gleich von der Praxisarbeit weg auf den Sensenstein.
Entsprechend angespannt traf sich die bunte Truppe der angehenden Übungsleiter beim ersten Mal auf dem Sensenstein in altbekannter Jugendherbergsatmosphäre. 20 Leute beiderlei Geschlechts im Alter von 17 bis 62 Jahren: Arzthelferinnen, eine Heilpraktikerin, ein Architekt, drei Strafvollzugsbeamte, Lehrer, Schüler, Techniker – alles sportlich engagierte Menschen. Durch die ersten gemeinsamen sportlichen Aktionen lernten wir uns schnell besser kennen, sodass eine verhaltene Vorfreude auf zukünftige Wochenenden aufkeimte und sich schon bald wechselnde Arbeitsgruppen zusammenfanden, die gemeinsam Lernaufgaben zu bearbeiten hatten. Im Einzelkampf waren die Hausaufgaben zu erledigen. Mir fiel das anfangs doch ziemlich schwer, weil ich eben schon lange nicht mehr auf der Schulbank saß und registrieren musste, dass sich der Stoff nicht mehr so schnell einprägte wie früher. Aber durch gemeinsames gutes Essen und Freizeitaktivitäten wie Schwimmen, Saunagänge und danach fällige Flüssigkeitszufuhr, die uns entsprechend müde ins Jugendherbergsbett fallen ließen, und durch die wirklich tollen Sportangebote und Freizeitgespräche spürten wir Älteren schnell die verjüngende Wirkung dieser Kur und konnten die Wochenenden in vollen Zügen genießen.
Überhaupt war die Gruppe der Teilnehmer glücklich zusammengewürfelt: Jeder Teilnehmer hatte im sportlichen Bereich wie im Leben eine gewisse Vorerfahrung, die er für den Entwurf einer Lerneinheit (schriftlich, mit Theorie und Praxis) nutzen konnte, um sie dann an uns Teilnehmern auszuprobieren oder sie uns in einem Vortrag nahe zu bringen. Auf diese Weise kam ich in den Genuss, Tai Chi, Judo, Qi Gong, Core-Training und Theaterfechten kennen zu lernen, eine Boxeinführung zu erleben und Aerobic in einer großen Bandbreite auszuprobieren. Auch Nordic Walking wurde erläutert und ausprobiert und Traumreisen in Theorie und Praxis bereicherten unsere Erfahrung. Das sportliche Angebot war also sehr interessant und anregend.
Wann habt Ihr (Älteren) eigentlich das letzte Mal Kugelstoßen oder Speerwerfen gemacht, wenn überhaupt? Ihr könnt Tennis spielen, aber was ist mit Squash oder Badminton? Was ist von Hoch- und Weitsprung übrig geblieben? Auch gut durchtrainierte Leute können Muskelkater nach Wassergymnastik bekommen; es gibt immer noch Muskelfasern, die man schwer erreicht und über deren Vorhandensein man sich wundert. (Es wäre durchaus sinnvoll, das Sportabzeichen zu versuchen; das ist auch hier im Verein möglich, z.B. bei Maike Schulz.)
Einmal stand ein Test auf dem Plan: Unter einem „Cooper-Test“ konnte ich mir nichts vorstellen, also machte ich wie immer morgens meinen Waldlauf, mit dem Effekt, dass ich dann kein besonders gutes Ergebnis mehr bei diesem Fitness-Test im Laufen abliefern konnte. Einerseits fand ich das ganz lustig, andererseits aber auch ärgerlich. Ich habe mich dadurch um eine objektive Vergleichsmöglichkeit gebracht.
Auch die Einblicke in die Sporttheorie und Sportpädagogik waren eine große Bereicherung, das ernsthafte Lernen jedoch etwas beschwerlich. Aber ich wollte ja profitieren. Bei der Auseinandersetzung mit anatomischen Gegebenheiten – „Das weißt Du doch alles.“ – gab es ganz schön was zu lernen oder aufzufrischen, wenn man sich ernsthaft damit beschäftigte.
Und eine mündliche Prüfung stand ja auch noch an, zu der ich gut vorbereitet erscheinen wollte. Zudem war eine Unterrichtseinheit schriftlich zu verfassen, zu begründen, abzuliefern und in einer fremden oder eigenen Gymnastikgruppe durchzuführen. Also wirklich wie im Referendariat! Alles in allem hatten wir jede Menge zu schreiben und zu lernen.
Je nach Typ kann man das Programm auch etwas gemäßigter angehen, denn jeder Teilnehmer ist ja freiwillig dabei. Die „Teamer“ (Leiter – nur ja kein Lern-/Lehrgefälle!) haben kein Interesse daran, jemanden durchfallen zu lassen, auch wenn sie streng auf Anwesenheit achten oder bei Abwesenheit Ersatzarbeiten vergeben. Aber auch diese Ersatzangebote können manchmal mehr Spaß machen als die ursprüngliche Aufgabe.
Der LSB führt nun schon mehrere Jahre seine Lehrangebote nach einem zertifizierten Lehrplan durch. Die derzeitige Zertifizierung muss 2011 aufgefrischt werden, sodass man davon ausgehen kann, dass ein gewisser Standard eingehalten wird und die Ausbildungen vergleichbar sind. Die Lern- und Prüfungsnachweise werden in Frankfurt archiviert.
Wenn man den Übungsleiterschein macht, ist viel zu tun. Aber die abwechslungsreich gegliederten Wochenenden mit dieser vielseitigen sportlichen Betätigung machen großen Spaß. Allein dafür hat es sich schon gelohnt! Ich würde es jederzeit wieder machen.
Schurri!
Johanna Wenzel
Anm. d. Red: Wer Interesse an einem Übungsleiterlehrgang hat, melde sich bitte beim Vorstand